Meine Zeit bei EXPERT Bening

Es gibt ungezählte Überlieferungen, was einem wann im Leben, vor allem im Erwerbsleben, alles geschieht oder geschehen kann. "Lehrjahre sind keine Herrenjahre", "Der Chef hat immer recht" und derlei Aussagen mehr, die bestens geeignet waren, den Status Quo der Mitbestimmung und der Gleichheit zu demonstrieren. Vieles ist seither verschwunden und mit der Aufklärung und der Verbreitung von Niveau und Bildung wurden so manche "Unterdrückungsmechanismen" unserer Gesellschaft wirkungslos. An ihre Stelle sind jedoch neue, perfidere und vor allem globale Methoden getreten, vom unseligen Schulterschluss zwischen Wirtschaft und Politik kreiert, von fügsamen Justiz- und Vollstreckungsorganen umgesetzt. Dies ist meine Geschichte, wie sie sich zugetragen hat; sie ist umstritten – wegen Erinnerungslücken eines Betroffenen, gewünschten und überraschenden, wegen fehlender Nachweisbarkeit, Beweisen. Ich schreibe sie nieder, so wie ich sie erlebt habe, so, wie sie auf mich gewirkt hat, so, wie ich die Sache eben sehe. Ich behaupte nicht, ich erzähle, und dir, lieber Leser steht es frei zu urteilen, zu beurteilen, oder es einfach bei dem zu belassen, was es dem Grunde nach ist: eine Geschichte.

Nach etlichen Monaten der Lethargie, der großen und kleinen Fluchten aus der Realität, begonnen im Sommer 2012, genauer im Juni diesen Jahres, habe ich beschlossen, mich wieder der Realität zu stellen, zurück zu kehren in den Strudel des Lebens. Zurück in jene Realität, die von Werten spricht, mit erhobener, mit ehrenvollem Klang in der Stimme und gerecktem Hals, mit einem mahnenden Unterton an Zeiten erinnernd, in welchen es noch nicht so war und die es dann beinahe doch noch dem Zuhörer überlässt, diese Werte zu definieren. Beinahe, denn der Zuhörer soll nicht definieren, er soll erkennen. Er soll wissen. Er soll glauben. Er soll wissend glauben oder gläubig wissen, dass hier von den ethischen Werten die Rede ist. In dem Moment, in dem die Schallwellen, ganz gleich, von wem angestoßen, sein Trommelfell erzittern lassen, in diesem Moment muss er nur noch eines wissen: wir sind eine auf ethischen Werten aufgebaute Gesellschaft. Und in diesem Moment darf er sonst nichts mehr wissen! Keine Erinnerungen, die diese wunderbare Erkenntnis trüben – nachher wieder, wenn es sein muss, aber nicht in diesem Moment. Kein Wissen mehr von ertrinkenden Flüchtlingen, von Geschäften mit Despoten, von verarmten Senioren und verwahrlosten Kindern in unserer Mitte.

Ich wollte und ich musste zurück. Da waren zu viele Ängste in den Augen meiner geliebten Lebensgefährtin, Ängste vor Armut, vor einem sozialen Niedergang, vor Hunger und Kälte. Zu viele und zu lange schon.
"Ab dem ersten Oktober 2013 mische ich wieder mit; nur noch einmal kurz abtauchen in die Oase der Entspannung, der inneren Ruhe, des angst-, sorgen- und gedankenfreien Dahintreibens, noch einmal Fliehen, noch ein paar Tage in der Heimat", so sah der Plan aus.
In der vorletzten Augustwoche des Jahres 2013 wurde aus dem Plan ein konkretes Vorhaben, der Abreisetag auf den Freitag in dieser Woche festgelegt. Auch der Umstand, dass am Montag dieser Woche eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch in unserem Briefkasten lag, konnte diesen Entschluss nicht mehr ins Wanken bringen. Das Gespräch sollte am Vormittag stattfinden. Der Ort des Geschehens lag nicht allzu weit von meiner Reiseroute ab, so dass es keine großen Umstände bereiten würde, direkt nach dem Termin die Reise anzutreten. Mitnehmen jedenfalls wollte ich diesen Termin noch, als Chance, als Silberstreif am Horizont, als Hoffnungsschimmer für meinen Schatz. Hätte ich damals gewusst was ich heute weiß, weiß Gott, ich hätte vor meiner Haustür den Fuß auf das Gaspedal gestellt und erst wieder heruntergenommen, wenn die Distanz zwischen mir und diesem Ort der Heuchelei und Verlogenheit eine für mich beruhigende Größe angenommen hätte.

Am 23.08.2013 traf ich also zum Vorstellungsgespräch im Hotel Klövensteen in Schenefeld ein. Schon nach relativ kurzer Wartezeit wurde ich in einen Raum gebeten, in welchem mich vier Herren hinter einem Tisch erwarteten. Es handelte sich, wie ich heute weiß, um Herr Jacob, Geschäftsleitung, Herr König, Filialbetreuung und Herr N., mein zukünftiger Filialleiter; an Name und Funktion der vierten Person erinnere ich mich nicht mehr. Nach einem etwa halbstündigen Gespräch in angenehmer Atmosphäre wurde ich gebeten, den Raum für etwa 3 Minuten zu verlassen; bereits nach ungefähr einer Minute wurde ich jedoch wieder in den Raum gebeten. Es wurde mir mitgeteilt, dass die Firma Bening an meiner Mitarbeit interessiert sei, und dass nach der Einarbeitungsphase in Buxtehude mein künftiges Arbeitsfeld der Technische Kundendienst in der neu zu eröffnenden Filiale in Pinneberg sein soll.
Daraufhin führte mich Herr N. in einen angrenzenden Raum. Dort legte er ein Bündel Papiere auf einen Tisch, bat mich Platz zu nehmen und fing an, einen Arbeitsvertrag auszufüllen. Als ich die Überschrift „Befristeter Arbeitsvertrag“ las, machte ich deutlich, dass ich an einem befristeten Vertrag nicht interessiert sei und deutete an, dass ich aufstehen und gehen werde. Daraufhin meinte Herr N., dies sei "keine große Sache", es handele sich lediglich um eine übliche Vorgehensweise mit folgendem Ablauf: zunächst wird der Vertrag auf ein Jahr ausgestellt, dann um ein weiteres verlängert bevor dann, und er betonte dies, als sei das eine grundlegende Selbstverständlichkeit, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis daraus werde.
Meine Bedenken in Bezug auf eine 6-Tage-Woche räumte Herr N. mit der Bemerkung, ein zweiter freier Tag innerhalb einer Woche sei kein Problem und ebenfalls üblich, beiseite. Auf meine Bitte, den Vertrag zunächst einmal zur Überdenkung und Prüfung mitnehmen zu können und diesen dann ihm gegebenenfalls unterzeichnet zukommen zu lassen, machte Herr N. deutlich, dass ihm sehr daran gelegen sei, die Sache hier und heute zum Abschluss zu bringen. Mit einem etwas unguten Gefühl unterzeichnete ich daraufhin den Vertrag.
Als zweites Dokument wurde mir eine Zusatzvereinbarung zur Unterschrift vorgelegt, in welchem eine 45-stündige Arbeitswoche festgeschrieben war. Auch hier bekundete ich mein Missfallen, welches allerdings mit der Aussage des Herrn N., man könne diese Vereinbarung problemlos mit einer Frist zum Monatsende aufkündigen und zur im Hauptvertrag beschriebenen Vereinbarung zurückkehren, beseitigt war.
Aus den beiden noch folgenden Dokumenten, die mir zur Unterschrift vorgelegt wurden, sei hier nur noch ein Auszug eines Dokumentes mit dem Titel „Verhaltenskodex“ erwähnt, und zwar Punkt 2: "Ethisches Verhalten und Beachtung geltenden Rechts".

Zitat:"Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zur Einhaltung hoher Standards ethischen Verhaltens und zur Einhaltung aller geltenden nationalen und internationalen Gesetze verpflichtet. Bei allen Tätigkeiten und Geschäftsbeziehungen haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair, respektvoll und vertrauenswürdig zu handeln und das Ansehen unseres Unternehmens zu wahren und zu fördern."
Nachdem ich alle Dokumente unterzeichnet hatte wurden mir die entsprechenden Kopien ausgehändigt. Mit dem Hinweis, dass ich alle weiteren Informationen zum Beginn meiner Tätigkeit in den nächsten Tagen per Post erhalten würde, wurde ich mit einem freundlichen Händedruck verabschiedet.

Am 01.10.2013 begann meine Tätigkeit bei Bening GmbH & Co. KG.
In der Folgezeit wurde ich bis zum 01.11.2013 in der Filiale in Buxtehude auf die Arbeit im Technischen Kundendienst (TKD) vorbereitet. Zu dieser Einarbeitung gehörte neben den firmenüblichen Abläufen auch die Einweisung in das vorhandene und sehr komplexe Warenwirtschaftssystem namens V6. Diese Einweisung nahm den größten Teil dieser Zeit in Anspruch.
Während der gesamten Zeit in der Buxtehuder Filiale kam immer wieder die Frage auf, wer denn wohl in der Filiale in Pinneberg die Leitung des TKD übernehmen sollte. Da meine Mentorin, Frau Verwijßt, mit meiner Gelehrsamkeit und meinem Engagement überaus zufrieden war, behauptete sie zum Schluss, dass diese Aufgabe wohl mir zufallen würde. Ich bezweifelte dies allerdings, da meine Anstellungsvorgaben lediglich auf die Bezeichnung "Mitarbeiter" hinwiesen und von einer führenden Rolle niemals die Rede war.
Ein weiterer Neuankömmling, der gemeinsam mit mir auf den Dienst im TKD in der Filiale Pinneberg vorbereitet werden sollte, schied bereits nach etwa 3 Wochen aus.

Am 07.11.2013 begann für mich die erste Leidenszeit bei der Firma: die "Einräum-Phase". Während dieser Zeit bis zum Eröffnungstermin, der auf den 21.11.2013 festgesetzt war, wurde die gesamte Verkaufsfläche gestaltet und mit Ware bestückt. Meine Aufgabe in dieser Zeit war, die in Unmengen anfallenden Verpackungsmaterialien zu sortieren und in die entsprechenden Container zu verbringen. Da die Zeit knapp war, wurde die Arbeitszeit (mündlich) für diese 2 Wochen von morgens 8.00 Uhr bis abends 20.00 Uhr und von Montag bis einschließlich Sonntag festgelegt. Meist jedoch kamen wir nicht vor 20.30 Uhr aus dem Firmengebäude, da nach jedem Arbeitstag, beginnend um 20.00 Uhr, noch eine abschließende Besprechung stattfand. In den Pausen gab es belegte Brote und eine warme Mahlzeit auf Firmenkosten.
Damit der/die Leser/in sich ein umfassendes Bild von den Zuständen und den chaotischen Ereignissen in diesen zwei Wochen machen kann, habe ich diese in einer Art Tagebuch hier wiedergegeben.

Tag Eins der Einräumarbeiten in Pinneberg, Donnerstag, der 7.11.2013, begann um 9.45 Uhr und endete um 20.00 Uhr. Körperlich sehr anstrengende Arbeit: Kartons zerlegen und in einen bereitgestellten Container entsorgen, Plastikmüll sortieren und in riesigen Kunststoffsäcken ebenfalls in einen großen Container für Kunststoffmüll tragen waren die Schwerpunktarbeiten dieses ersten Tages, an dessen Ende ich total erschöpft war.

Tag Zwei, der 8.11.2013, begann bereits um 8.00 Uhr in der Frühe und endete um 20.00 Uhr am Abend. Nach den Vorstellungen der Filial- und Bauleitung sollte dies nun so ohne Unterbrechung bis zum Eröffnungstag am 21.11.2023 weiter gehen. Kein Wochenende und jeden Tag 12 Stunden arbeiten.
Das Missmanagement war an allen Ecken und Enden sicht- und spürbar. Das im Umbau befindliche Gebäude, innen noch weit von der Fertigstellung entfernt, außen eine Kraterlandschaft, gab Einblick in die planerischen Fähigkeiten des "Expert-Bening-Establishment". Alle Verzögerungen bei der Fertigstellung der Geschäftsräume mussten die Bediensteten durch teilweise an Rücksichtslosigkeit grenzende Leistungsanforderungen wieder ausgleichen.

Beispiel 1: Ware musste durch den Lagerzugang ein- und ausgebracht werden. Aus Sicherheitsgründen und weil das Glas für Fenster und Türen noch nicht geliefert war, wurden alle sonstigen Öffnungen mit Holzplatten zugeschraubt. Gerade aber über dem einzigen Zugang wurde an den ersten beiden Tagen ein Graben für die Erneuerung der Abwasserrohre ausgehoben. Keiner kam rein, nichts konnte raus, was nicht mit Händen transportiert werden konnte.
Beispiel 2: Die neue Ware wurde von den Mitarbeitern in die entsprechenden Regale geräumt, nachdem diese von Staub und Schmutz befreit wurden. Noch am Abend desselben Tages musste ein Großteil davon wieder umgeräumt werden. Dasselbe Spiel nochmals am folgenden Tag – ein Teil der Mitarbeiter zeigte sich bereits genervt.

Beispiel 3: Am zweiten Tag, also am 8.11.2013, kamen LKWs mit Unmengen Neuware, sowohl für das Lager als auch für den Laden, also die Ausstellungsflächen. Das Lager, erst am Vortag waren die Schwerlastregale fertig montiert worden, quoll über vor Paletten, die nicht in die Regale gestellt werden konnten, weil die darauf befindliche Ware eben für die Verkaufsfläche gedacht waren. Diese wiederum konnten nicht an ihren Bestimmungsort verbracht werden, weil andere Paletten, mit Ware für das Lager, im Weg standen, welche von gerade auf den Hof gefahrenen Lastwagen abgeladen wurden.
Dazwischen kurvten immer wieder motorisierte Hebebühnen herum, welche Handwerker zu ihrer Baustelle unter dem hohen Lagerdach hieven sollten.
Beispiel 4: Es gab keine Toilette! Wann immer ein Mitarbeiter/in seine/ihre Notdurft verrichten wollte, oder besser musste, begab er/sie sich auf den Weg zur Kundentoilette des benachbarten FAMILA-Marktes.
Am Abend im Bett war ich ein einziges Schmerzbündel und konnte nicht einschlafen; Beine, Rücken und eine Schulter lösten sich dabei ab, ihre Defekte und Überbeanspruchungen mittels Schmerzwellen meinem frustrierten Bewusstsein zu bekunden.

Tag Drei, der 9.11.2013, ein Samstag.
Ich wachte bereits um 5.00 Uhr auf, und obwohl ich noch bis 6.45 Uhr hätte schlafen dürfen, wälzte ich mich mit schweren, düsteren Gedanken und Ahnungen im Bett hin und her. Mir graute vor dem Tag, vor dem Aufstehen. Bis zum Weckruf fiel ich allerdings immer wieder in kurze Schlafphasen, so dass mich dann der Wecker tatsächlich aus einer solchen riß.
Als ich aufstand empfand ich überraschend wenig Schmerzen und das Frühstück mit meinem Schatz verlieh mir doch fast so etwas wie einen Hauch von Mut, Zuversicht oder Hoffnung. Mit den Resten der so erwachten Resteuphorie machte ich mich auf den Weg ins Industriegebiet Pinneberg-Nord, begann pünktlich um 8.00 Uhr mit der Fortsetzung der Arbeit vom Vortag - und war bereits nach 3 Stunden so erschöpft, dass ich mich hinter einen Container verzog um dort das einzige Ventil zum Ablassen von Frust, Ohnmacht und Wut auf mich selbst und den Rest der Welt zu öffnen: Tränen.
Indessen ging der Schwachsinn ungebremst weiter!
Nachdem mittels feinem Splitt und einer Verdichtungsmaschine der quer zur Lagereinfahrt verlaufende Graben geschlossen, der schnell wieder aufgewühlte Splitt mit einer recht stabilen Holzplatte endgültig versiegelt war, hob man nun die Abdeckung der Abwasserrinne am Rolltor heraus, um diese, zugegeben notwendigerweise, zu reinigen: damit war die Ausfahrt dann allerdings erneut versperrt und damit unbrauchbar.
Um diesen zusätzlich belastenden Missstand schnellst möglichst zu beseitigen, legte ich mit Hand an die erforderlichen Arbeiten, suchte einen Wasseranschluss, sprühte die Rinne vom Restschmutz frei und legte die Abdeckungen wieder an ihren Platz. Als der emsige Kanalreiniger, der die Arbeiten begonnen und dann aus unerfindlichen Gründen im Stich gelassen hatte, um die Ecke kam, zeigte er sich überrascht und erfreut.
Pappe, Folie, Styropor ohne Ende! An der Fläche rund um das Gebäude fanden keinerlei Arbeiten statt; die Kraterlandschaft, die einmal Zufahrt und Parkplatz werden sollten, blieben einen Tag mehr unberührt.
Etwas Kraft konnte ich an diesem Tag dann auch noch tanken: meine Lebensgefährtin besuchte mich in der trostlosen Zeit im Industriegebiet und verbrachte die Mittagspause mit mir. Das baute etwas auf und schaffte neue Reserven für den Resttag.
Nach dieser Erfrischung im Geiste ging es allerdings mit dem mittlerweile gewohnten Wahnsinn weiter. Zu meinen Standardarbeiten (das Wegräumen der Unmengen Verpackungsmaterial) kam nun noch das Ausfegen des Lagers und das Einräumen in die Lagerregale hinzu. Irgendwann dazwischen brachte ein Cateringunternehmen ein Mittagessen.
19.00 Uhr war dann endlich Feierabend. Und wieder war ich todmüde und fragte deshalb unseren Filialleiter nach einem freien Tag; dabei verwies ich auf mein Alter und auf den Umstand, dass ich unter den Arbeitsameisen wohl der älteste bin. Dies jedoch wurde mit Hinweis auf zu befürchtende gleichlautende Forderungen anderer Kollegen abgelehnt.

Tag Vier, Sonntag, der 10.11.2023.
Es musste wohl schon als besonders gutmütig ausgelegt werden, dass man diesen Tag nicht über die volle Distanz schuften ließ. Begonnen wurde um 9.00 Uhr, Feierabend war "schon" um 15.10 Uhr.
In der Nacht zu diesem Sonntag wurden die Toiletten getestet: wie hier zu erwarten war waren diese undicht, so dass gerade im TKD-Bereich der gesamte Fußboden unter Wasser stand. Also wurden die Rigipswände an den entsprechenden Stellen wieder aufgebrochen und nach der Ursache gesucht.
Es gelang tatsächlich, die Toiletten bis zum Dienstbeginn in Betrieb zu nehmen. So begann ich diesen Tag mit dem Trocknen und Reinigen der Toiletten, während in der Küche und im Serviceraum die Decken eingezogen wurden.
Danach wurde meine Zeit wieder mit dem Zerlegen, Sortieren und Wegräumen von Verpackungen gefüllt.
Eine auffällige Besonderheit dieses Tages lag darin, dass die Mitarbeiter sich nicht, wie sonst, selbst aus der Anwesenheitsliste austragen durften (oder mussten), sondern dass dies heute von einem der Security-Leuten übernommen wurde. Eine Erklärung hierfür gab es nicht. Überhaupt muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass man während der gesamten Arbeitszeit ständig unter den wachsamen Blicken von schwarz gekleideten Security-Männern stand. Ich denke kurz: "Was ich denk, und was ich tu, trau ich auch dem Anderen zu". Wenigstens in diesem Punkt war hier und bei Expert-Bening alles stimmig.

Tag Fünf, Montag, der 11.11.2013.
Von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr wieder einmal der ganz normale Wahnsinn, nur dass zu allem sonstigen Unsinn, der hier üblicherweise verzapft wurde, auch noch die Lagerhalle mit einer Nass-Kehrmaschine gereinigt wurde. Dies hatte zur Folge, dass der an den Schuhsohlen der Mitarbeiter klebende Staub nun nass war und sich so ganz wunderbare Spuren auf der schwarzen Auslegeware im Laden über die gesamte Fläche zogen.
Darüber hinaus wurde immer wieder durch Installations- und Montagearbeiten (Elektro, Sanitär etc.) das einzige Tor blockiert; auch mussten die bereits eingeräumten Lagerregale dieser Arbeiten wegen immer umgeräumt werden, damit die Monteure ihre Rohre und Leitungen verlegen konnten.
Und der Zustrom an Paletten mit neuer Ware ging ungebremst weiter. Dutzende Paletten standen herum, es gab nahezu kein Durchkommen mehr. Der Kunststoffcontainer war voll, der Papiercontainer fast.
Um 20.00 Uhr war endlichFeierabend und man sah nur noch erschöpfte Gesichter.

Tag Sechs, Dienstag, der 12.11.2013.
Arbeitszeit wie gehabt von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr. Die Tage zehrten immer mehr an meinen Kräften und Dank einer unruhigen Nacht war ich bereits um 9.00 Uhr reif für die Insel. Allerdings erfuhr mein gewohntes Tätigkeitsfeld eine Änderung: An vielen Einbaukühlschränken auf der Ausstellungsfläche mussten die Anschläge von rechts auf links geändert werden. Ein Job, der aber nur kurz eine Abwechslung im tristen Alltag darstellte. Danach ging es wieder an den Verpackungsmüll. Meine zunehmende Erschöpfung ließ mich auch immer ungeduldiger und damit leicht reizbar werden.
Meinen ebenfalls total gestressten Kollegen gegenüber wurde ich schon etwas ruppiger, wenn sie z.B. mal wieder den Unterschied zwischen Pappe und Kunststoff übersehen hatten, und alles in den selben Sack stopften. Auch den „Elite-Kaufleuten“ gegenüber, die immer wieder zum Ausdruck brachten, wie wenig Bedeutung wir „Hilfskräfte“ für das „große Ganze“ haben und uns deshalb wie ihre Lakaien behandelten, wurde ich etwas unfreundlicher.
Ob es an der allgemein um sich greifenden Dauererschöpfung lag, oder ob dies schon eine, möglicherweise unbewusste, Form des Widerstands darstellte konnte ich nicht abschätzen. Jedenfalls fiel mir auf, dass sich immer häufiger Warenteile in den für die Entsorgung bereitliegenden Kartons und Plastikfolien befanden.

Tag Sieben, Mittwoch, der 13.11.2013.
Über den gesamten Tag fuhr die fahrbare Hebebühne kreuz und quer durch das Lager und kreuzte so immer wieder die Wege der Lager- und anderen Mitarbeiter. Auch das Hin- und Herräumen von Ware und Ladenbauteilen ging munter weiter. Das Durchgangstor vom Lager in den Laden wurde blockiert: ein Gipser versah die Fläche rund um das Tor mit Putz. Und die Bening-Mitarbeiter trugen herabgefallenen Putzbrocken mit ihren Schuhen direkt auf die bereits erwähnte schwarze Auslegeware im Laden. Man konnte die Spuren bis zu den entsprechenden Mitarbeitern verfolgen.

Die Asbest-Wellplatten des Daches, die an die Trennmauer zwischen Lager und Laden stießen, mussten gegen neue, asbestfreie ausgetauscht werden, da sie deutliche Schäden zeigten und so über kurz oder lang zu Undichtigkeiten geführt hätten. Hierzu wurde um das Tor und in die Lagerhalle hinein ein Schutztunnel gebaut, um das Bodenpersonal vor herabfallenden Bauteilen zu schützen – ich war gespannt.
Ein leerer Restmüllbehälter im Hof, in den ich Kehricht und andere Mülltüten entsorgen wollte, durfte nicht befüllt werden: er wurde leer wieder abgeholt, weil zu teuer. Für diesen sollte "bald" ein anderer gebracht werden. In der Zwischenzeit sammelte sich der Restmüll in allen Ecken des Lagers.

Während meiner Arbeit konnte ich an diesem Tag folgende Szenerie beobachten: In der Nähe des Rolltors arbeiteten Elektriker mit einer Hebebühne; das Tor musste hierzu geschlossen werden, weil darüber der Arbeitseinsatz der Elektriker gefordert war. Draußen stand indessen der Hubwagen mit Ware und konnte nicht herein. Schreien, Maulen, Fluchen. Tor auf: Jubel, Tor zu: "nur für zwei Minuten", Tor halb auf: gedämpfte Freude, Tor zu: Wahnsinn, dein Name sei fortan "Expert-Bening"!

Um 19.30 Uhr kursierte ein Gerücht, dass eine Warenanlieferung aus Stade im Anmarsch sei und dass niemand Feierabend machen darf, bevor der entsprechende LKW komplett entladen sei. Wo dieser sich zu diesem Zeitpunkt genau befand, wusste niemand. Ich reagierte auf diese Information mit aufsteigender Panik, die sich allmählich in eine ohnmächtige Wut verwandelte. Diese Arroganz der Projektleitung, die Ignoranz gegenüber der dringlichsten Bedürfnisse der Mitarbeiter machte mich fassungslos. Wie zur Bestätigung des Gerüchts blieb die sonst um 19.50 Uhr einsetzende Rudelbildung in Ausgangsnähe aus. Und drei Minuten vor Acht waren auch die obligatorischen "Gute-Nacht-Geschichten-Erzähler" noch nicht auszumachen, obwohl sie sich sonst allabendlich in der Nähe einer im Laden befindlichen Freifläche tummelten und wie Versessen auf das Ausleben Ihrer Geltungssucht in Form einer inhaltsleeren Rede hin fieberten. Die Infos, die bei diesen Anlässen übermittelt wurden waren entweder komplett sinnfrei, oder sie bestanden in unverhohlenen Androhungen noch längerer Arbeitszeiten bis hin zu einer möglichen zusätzlichen Nachtschicht.
Heute begannen diese Ansagen erst um 20.00 Uhr und endeten etwa 20.10 Uhr.
Auch wenn sich das Gerücht nicht bestätigte, machte sich doch ein gewaltiges Maß an Unmut und Empörung in mir breit. Da arbeiten 30, 40 Menschen nun seit 12 Stunden, sind, wie ich auch, müde und erschöpft, und dann mutet man diesen Leuten weitere 10 Minuten rumstehen zu, nur damit zwei Profilneurotiker ihrer Geltungssucht (oder Boshaftigkeit?) freien Lauf lassen können.

Tag Acht, Donnerstag, der 14.11.2013.
Der Bening'sche Wahnsinn fand an diesem Tag einen neuen vorläufigen Höhepunkt. Was man kaum glauben kann, traf ein: es geht noch planloser, noch chaotischer, noch wahnsinniger!
Der bereits gestern erwähnte Schutztunnel, der die Arbeiter beim Betreten oder Verlassen der Ladenfläche vor herabfallenden Dach- und Montageteilen schützen sollte, war fertig gestellt. Er ragte nun etwa 2 – 3 m in die Lagerhalle und bestand aus Brettern, die quer über zwei Gerüstböcke gelegt wurden. Etwa sechs Meter darüber wurden veraltete und teilweise beschädigte asbesthaltige Eternit-Platten aus ihrer Verankerung gelöst. Die zu diesem Zweck abgeflexten Befestigungshaken, nicht ganz kleinfingerdicke und ca. 15 cm lange Eisenstücke, regneten in unregelmäßigen Abständen und an schwer vorhersehbaren Stellen von der Decke. Und während die Arbeiter auf dem Dach Atemschutzmasken trugen, um sich vor dem gesundheitsschädlichen Asbeststaub zu schützen, rieselte dieser ungehemmt auf uns. Ohne jeglichen Schutz atmeten wir hier unten dieses Gemisch aus Staub und Asbestteilchen ein.
Die mobilen Hindernisse, bestehend aus Gipser, Schreiner und Elektroinstallateur, kreuzten weiterhin immer wieder die Wege der emsig Ware hin und her karrenden Expertler.
Papier- und Kunststoff-Container füllten sich immer noch in rasendem Tempo und steuerten schnurstracks erneut auf ihre Kapazitätsgrenze zu. Im Laden wurd gebohrt, gehämmert, gesägt und geschmirgelt, in regelmäßigen Abständen wanderten schutzbietende Folienbehänge von einem fertig gefüllten Regal zum nächsten. Und zwischen den Regalen wurde immer wieder emsig gesaugt. Die Ordnung im Chaos war schwer bis gar nicht mehr auszumachen.

Tag Neun, Freitag, 15.11.2013.
Einzig wesentlicher Unterschied zu den Vortagen war der von der Führungsetage organisierte Umtrunk – natürlich nach Feierabend. In der Einfahrt zum Lager wurden für dieses Gelage Bier, alkoholfrei und mit Sinn, Alsterwasser (im Süden heißt dies Radler) und dergleichen angeboten.
Ich verbrachte die paar freien Stunden dann doch lieber mit meinem Schatz.

Tag Zehn, Samstag, 16.11.2013 – 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr
Pappen-, Styropor- und Folien-Tsunamis walzten weiter durch das Gebäude. Spinte wurden auf Staplern hin und her gefahren und: ich begann zwischendurch mit der Planung des Lagers für "meine" Abteilung, das Service-Center.
Die Regale trafen ein und obwohl diese reichlich überdimensioniert waren, brachte ich sie, zumindest planerisch, halbwegs anständig im vorgesehenen Raum unter. Die Möblierung für den TKD war inzwischen vollständig und auch der Bestand der Teile für die IT-Ausstattung wuchs und näherte sich der Vollständigkeit.

Tag Elf, Sonntag, der 17.11.2013
Durch einen kleinen Arbeitsunfall gegen Ende von Tag 10 war mein Sprunggelenk dick und nur unter Schmerzen belastbar. Dies brachte mir einen unerwarteten Ruhetag ein, den ich aber auch dringend brauchte. Vielleicht war es doch das Unterbewusstsein, das diesen kleinen Fehltritt veranlasste.

Tag Zwölf, Montag, 18.11.2013, wieder von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr.
Zu Beginn des Tages plagte ich mich noch ein wenig mit den üblichen Materialien ab: Pappe, Styropor, Folie.
Das TKD-Lager diente noch als Speiseraum und war deshalb mit Tischen und Bänken voll gestellt. Das zum Service-Center gehörende Büro war noch immer der Arbeitsplatz der Bauleitung und der Kundenempfangsraum des TKD war vollgestopft mit Büromaterial, leeren Kartons und eingeschalteten Notebooks, die irgendwelchen Handwerkern und Technikern als Arbeitsgerät dienten.
Ich fing im "Speiseraum" an, die Regale aufzubauen. Die Sitzgarnituren, die mir hierbei im Weg standen, räumte ich kurzerhand in den großen Kundenbereich vor dem Tresen. Am Abend waren dann auch alle verfügbaren Regale, Spinde und Tische im Lager aufgebaut. Es fehlten lediglich noch vier Auflageschienen für die letzten verbliebenen Regalböden und ein Pack- bzw. Werktisch. Der erste Schritt in Richtung TKD war getan, der erste Einsatz in der Einräumphase, der direkt etwas mit meiner späteren Tätigkeit hier zu tun hatte.
Die Müdigkeit kam nun über den Tag mit heftigen Wogen und verschwand aber nach einigen Minuten wieder. Nach jeder Müdigkeitsattacke wurden für kurze Zeit meine Hände zittrig, so dass ich immer wieder eine Pause einlegen musste. Zeitweise vollkommen vom Arbeitsaufkommen überfordert, hatte ich mich schon mehrfach nach einem weiteren TKD-Kollegen erkundigt. Diese Gespräche endeten aber meist in vagen Ankündigungen. Es wurde mitgeteilt, dass ein solcher Mitarbeiter gerade in Buxtehude eingelernt werde, wann er aber so weit sei, wisse man nicht. Und so musste ich dann weiterhin alles irgendwie alleine geregelt kriegen.

Tag Dreizehn, Dienstag, 19.11.2013 – 8.00 bis 21.00 Uhr
Die Tage wurden immer länger; vor einer Woche waren 11 Stunden eben 11 Stunden, mittlerweile fühlten sie sich wie 16 oder mehr an. Wie wird das denn morgen sein?
Mein Arbeitstag begann wieder mit der Verpackungs-Entsorgung, dann aber kam die Mitarbeiterin des TKD aus Buxtehude, die mich dort in die Abläufe und Raffinessen eines Technischen Kundendienstes eingeführt hatte. Sie sollte uns beim Aufbau des Service-Centers ihre Erfahrung zur Verfügung stellen und uns etwas unter die Arme greifen. Die organisatorischen Arbeiten wurden immer wieder durch Müllfahrten unterbrochen – beispielsweise war der Foliencontainer zu hoch beladen und musste deshalb wieder teilweise ausgeräumt werden, auch Pappe musste das ein oder andere Mal noch weggebracht werden – die Hauptarbeit an diesem Tag drehte sich aber dann doch tatsächlich um den TKD.
Um 19.00 Uhr wurde zu einer Besprechung gerufen: es sollte länger gearbeitet werden, bis etwa 22.00 Uhr. Und wieder machte sich Wut, Verzweiflung und Ohnmacht in mir breit, und wieder war ich über so viel Ignoranz gegenüber den arbeitenden Menschen empört, über die Dreistigkeit, mit der die Folgen eines in höchstem Maße von Inkompetenz geprägten Managements mit einer rücksichtslosen Ausbeutung menschlicher Kraft ausgeglichen wurden.
Das Lager quoll über von "Weißer Ware" (Küchengeräte); die Geräte wurden aus Platznot entgegen den Herstellerangaben bis zu 6-fach gestapelt. Wer bestellte hier eigentlich, wer war für diese Logistik verantwortlich?
Der Lagerist zeigte sich ebenfalls verzweifelt: "Wohin mit dem ganzen Zeug?" Am Nachmittag sprach ich den verantwortlichen Filialen-Koordinator wegen der geplanten Arbeitszeitverlängerung an und teilte ihm mit, dass ich es bis 22.00 Uhr wegen meiner Erschöpfung auf keinen Fall mehr schaffte. Er sagte lediglich, dass es nicht bis 22.00 Uhr gehe, drehte er sich um und entfernte sich ohne weitere Anmerkungen.
Tatsächliches Ende: 20.45 Uhr!

Tag Vierzehn, Mittwoch, 20.11.2013 – ebenfalls von 8.00 bis 20.00 Uhr
Gleich vorweg: die am Vortag getroffene Vereinbarung länger zu arbeiten, damit am Tag vor der Eröffnung spätestens um 16.00 Uhr Feierabend sein kann, stellte sich heute wieder einmal mehr als dreiste Lüge heraus. Dies war der Tag vor der Eröffnung, die angesetzte Arbeitszeit blieb wie gehabt von 8.00 bis 20.00 Uhr. Um ein Versehen konnte es sich nicht handeln, denn eine derart krasse Fehleinschätzung wäre doch eine offensichtliche kompetenztechnische Bankrotterklärung der Planer und Organisierer. Darüber hinaus fand die allgemeine Managementunfähigkeit an diesem Tag einen weiteren traurigen Höhepunkt.
Ich hatte mein Büro eingerichtet, Kabel besorgt und diskret verlegt, Computer und Drucker angeschlossen. Kaum war ich fertig damit hieß es: Das wird nicht dein Büro. Also alles wieder raus.
Anstatt so langsam das Service-Center einsatzbereit zu machen, mussten wir raus, um die Peripherie zu putzen. Das bedeutete, dass Holzberge von Paletten und Verpackungen, die auf dem Nachbargrundstück deponiert worden waren, entfernt werden mussten. Außerdem wurden Steine (?) gewaschen und in der Küche mit einem Fön getrocknet (!). Dazwischen immer wieder ein paar Handgriffe im Service-Center und ein paar Entsorgungsfahrten.
Irgendjemand gab die Anweisung heraus, dass die Stühle vom Personalraum an die "Miele-Theke" gebracht werden sollten. Nachdem dies erledigt war, stellte sich auch dieser Auftrag als falsch heraus. Die Stühle sollten im Kundenbereich des TKD abgestellt werden. Also beseitigte ich schnell die Biertische mit den Bänken und die Warmhaltebehälter aus diesem Bereich, entfernte die Folie, die die neue Auslegeware vor Sabberspuren beschützen sollte und reinigte kurz und oberflächlich den Boden. Als man dann am Nachmittag anfing, alle möglichen Gegenstände im TKD-Lager zwischenzulagern und dieses damit vollständig zumüllte, ging ich kommentarlos nach Hause.

Eröffnungstag Donnerstag, der 21.11.2013, Öffnungszeit von 6.00 Uhe bis 20.00 Uhr. Zur Eröffnung traf dann auch der zweite TKD-Mitarbeiter ein. In der Folgezeit beschafften wir benötigtes technisches Gerät (Werkzeugkasten, Akkuschrauber, einen zusätzlichen PC für die Bearbeitung von Kundengeräten, Software zur Systemprüfung, Feinmechaniker-Werkzeug etc.) und richteten die Räume mit den erforderlichen Büroutensilien ein. Nur der Tatsache, dass in der neu eröffneten Filiale der Kundenansturm im Service-Center sehr überschaubar und leicht zu bewältigen war, war das Ausbleiben eines absoluten Tohuwabohu zu verdanken.

Im Januar 2014 wurde jedem Kollegen ein Paket Visitenkarten ausgehändigt. Zu meiner großen Verwunderung wurde ich auf dieser meinen Kunden, für die diese Visitenkarten ja wohl gedacht waren, als "Leiter Technischer Kundendienst" vorgestellt.

Die ersten beiden Monate, Dezember 2013 und Januar 2014, verliefen den Umständen entsprechend: Bei den gegebenen Öffnungszeiten von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr und einer Personaldecke von 2 TKD-Mitarbeitern ergaben sich zwangsläufig immer wieder gravierende Personalengpässe. Immer dann, wenn ein Mitarbeiter einen freien Tag oder Urlaub hatte oder aus gesundheitlichen Gründen ausfiel, hatte der verbleibende Kollege diesen Ausfall zu kompensieren, was bedeutete, dass derjenige sehr häufig einen 11-Stunden-Tag absolvierte, kaum in der Lage, eine erholungswirksame Pausenzeit einzulegen. Eine Vertretung für solche Pausen stellte der Filialleiter auf meine Bitte hin zwar meist zur Verfügung, doch in Unkenntnis der üblichen Verfahrensabläufe verursachten diese Vertreter meist mehr Schaden als Nutzen, der dann zur seiner Behebung noch mehr fehlende Zeit in Anspruch nahm.

Was den gesamten Tagesablauf betraf kamen dann auch noch "kleine" und vermeidbare Hindernisse dazu, die es zu bewältigen galt. So wurde beispielsweise Ende Dezember am Haupteingang zum Service-Center (=TKD) auf der Innenseite ein schweres Metall-Rollgitter angebracht, dessen elektrischer Hebemotor mit einem Schaltknopf gestartet werden konnte. Dieser Schaltknopf befand sich allerdings unter der Deckenverkleidung in etwa 3,5 m Höhe, so dass wir, die TKD-Mitarbeiter, morgens und abends unter zu Hilfenahme einer Leiter, die im Flur (= Fluchtweg) vor dem TKD abgestellt war, nach oben steigen mussten, um das Gitter zu öffnen bzw. zu schließen. Mehrere Anfragen bei meinem Filialleiter, wann denn dieser Umstand beseitigt werden würde, blieben ohne Antwort und Reaktion. Erst meine Intervention per Mail Anfang März bei der Filialbetreuung in Cuxhaven brachte eine rasche Problemlösung. In den Folgetagen zeigte mir Herr N. deutlich, dass er sich umgangen, wenn nicht gar hintergangen fühlte.
Ende Februar begann dann eine bis September anhaltende Periode von Fehlzeiten seitens meines Mitarbeiters. Bis zum 08.09.2014 kamen auf diese Weise bei diesem Kollegen über 50 urlaubs- und krankheitsbedingte Abwesenheitstage zusammen, die freien Tage innerhalb einer Arbeitswoche noch nicht mitgezählt. Über diese gesamte Dauer absolvierte ich sehr oft eine 6-Tage-Woche bei einem 11-Stunden-Tag. Die Vertretungen, die mir ab und an zur Verfügung gestellt wurden, verursachten, wie bereits erwähnt, insbesondere an ganzen Vertretungstagen, ein Chaos, das auch etliche Tage danach noch seine Wirkung zeigte. In all diesen Wochen ließ sich der Herr Filialleiter nur sehr selten, will heißen ein- bis zweimal im Monat - im TKD blicken, und wenn er dann mal, meist morgens bei Dienstbeginn, hereingeschneit kam, bemängelte er auffällig oft und fast ausschließlich, dass die beiden TV-Geräte, die eine Art Werbefunktion inne hatten, nicht angeschaltet waren. Den nicht selten vorhandenen Berg an zu bearbeitenden Kundengeräten ignorierte er ebenso wie meine mehrfach mündlich vorgetragene Bitte, zeitnah für Abhilfe zu sorgen – dies umso mehr, als sich auf Grund der Art der Erkrankung meines Kollegen dieser Umstand auf absehbare Zeit nicht ändern würde, eine anhaltend-häufige krankheitsbedingte Abwesenheit absehbar war.
Mittels einer Mail, die ich dem Filialleiter am 20.03.2014 schrieb, versuchte ich, meinen bisherigen wörtlichen Bittgesuchen etwas Nachdruck zu verleihen. Auf diese Mail erhielt ich keinerlei Antwort, von einer eingeleiteten oder gar spürbaren Verbesserung ganz zu schweigen.

Trotz dieser desaströsen Arbeitsbedingungen schaffte ich es, den TKD in Pinneberg auf einer internen leistungsbezogenen Ranking-Liste unter allen, zu dieser Zeit 23 Filialen, auf einem oberen Platz zu halten.
Für den 1. September wurde mir dann eine Mitarbeiterin angekündigt; nicht etwa als Reaktion auf meine Bittgesuche, sondern aus der Tatsache heraus, dass mein bisheriger Kollege auf eigenen Wunsch in die Filiale in Lüneburg versetzt werden sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits etwa 100 Überstunden auf meinem Konto und ein Zeitraum zum Abbau dieser Überzeiten war bereits auf den Oktober vereinbart. Doch von einer raschen Entspannung der Situation durch diese Maßnahme keine Spur. Die neue Mitarbeiterin, ehemals Kassiererin in einem vergleichbaren Markt, sollte erst einmal gründlich an der Kasse im Ladengeschäft eingearbeitet werden, so dass ich doch wieder alleine die TKD-Arbeiten zu bewältigen hatte. Dies führte dann zu meiner zweiten Intervention in der Bening-Zentrale in Cuxhaven. Darüber hinaus führte diese Mail endlich auch einmal zu einer Reaktion bei unserem Filialleiter – leider zu keiner positiven. Er bestellte mich in sein Büro und gab mir zu verstehen, dass er diese Art der "Hintergehung" als Vertrauensbruch betrachte.

Dank der hohen Auffassungsgabe meiner Kollegin und ihrer, wenn auch eher oberflächlichen Erfahrung mit einer Service-Abteilung, konnte ich wie vorgesehen meinen Urlaub und den anschließenden Abbau von Überstunden antreten, so dass ich von 20.09.2014 bis einschließlich 22.10.2014 nicht mehr anwesend war. Halbwegs beruhigend war für mich, dass mein ehemaliger Kollege für die Dauer meiner Abwesenheit noch in Pinneberg blieb, nicht mehr erkrankt war und die neue Mitarbeiterin wenigstens halbwegs bei Ihrer vertiefenden Einarbeitung unterstützen konnte. Aber wie dem auch sei: ich war "reif für die Insel".
Am 19.09.2014 erhielt ich jedoch, Punkt 18.00 Uhr – ich wollte mich gerade in den Feierabend und meinen Urlaub verabschieden – einen Anruf meines Filialleiters, in dem er mich bat, noch mal eben schnell in seinem Büro vorbei zu kommen. Mir war in diesem Moment klar, dass es sich nur um die anstehende Verlängerung meines Vertrages handeln konnte, der ja zum 30.09. auslief.
Wie erwartet lag eine solche Verlängerungsvereinbarung auf dem Tisch. Im Laufe des in diesem Zusammenhang aufgekommenen Gespräches fragte ich nach einer Gehaltserhöhung und einen Vertrag als Abteilungsleiter, der ich ja offensichtlich war. Der Filialleiter antwortete darauf in etwa wie folgt: So etwas wie einen Abteilungsleiter-Vertrag gibt es bei Bening nicht, und überhaupt, ihm seien im Laufe der letzten Monate Dinge zu Ohren gekommen oder zugetragen worden, die sein Vertrauen in meine Person erheblich beschädigt hätten. Auf meine Frage, um was es sich dabei handele meinte er, ich habe ihn das ein oder andere Mal als A….loch oder ähnliches bezeichnet und heftig über ihn geschimpft.
Daraufhin räumte ich ein, dass ich mit Sicherheit in der einen oder anderen Phase der Erschöpfung etwas unsachliche Kritik an seiner Arbeitsweise ausgeübt haben könnte, aber dass ich mich niemals einer unflätigen Ausdrucksweise befleißigen würde, woraus zu schließen sei, dass entweder der Zuträger solcher Informationen ungenaue Verlaufsangaben gemacht habe oder diese Informationen in ihrer Gesamtheit als unwahr anzusehen seien. Auf meinen Einwand, dass die halbjährige Laufzeit mich ja schon in 3 Monaten wieder zu einer Meldung bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend zwingen würde meinte er, wenn künftig alles etwas ruhiger verlief, ihm nichts negatives mehr zu Ohren käme, stünde einer weiteren Verlängerung nichts im Wege. Außerdem sähe er vor, dass man sich künftig einmal im Monat zusammen setze und über den Stand der Dinge rede.
Dies hielt ich für eine gute Idee – allein, es kam in der Folgezeit zu keiner solchen Zusammenkunft. (Möglicherweise erwartete Herr N., dass ich diese Meetings initiiere; in Anbetracht des noch im Laufe dieses Jahres stetig ansteigenden Arbeitsaufkommens im TKD und auf Grund mehrerer vergeblichen Versuche meinerseits, Herr N. in seinem Büro anzutreffen, ging dieser Vorsatz wohl dann verloren.)
Ich gab Herrn N. zu verstehen, dass ich diese Verlängerung nicht jetzt und hier unterschreiben werde, dass ich mir das noch einmal, insbesondere in Hinsicht auf die nun nur noch halbjährige Laufzeit überlegen müsse und dass ich ihm dann, nach einer Überdenkzeit, das Vertragswerk unterzeichnet oder eben nicht unterzeichnet aus dem Urlaub zusenden würde. Herr N. bat mich darauf hin, dass ich, bevor ich es nicht-unterzeichnet zurücksende noch einmal mit ihm telefonisch Kontakt aufnehmen solle. Nach einer Rücksprache mit meinem Anwalt, Herr Jähne, und intensiver Überlegungen unterzeichnete ich das Dokument und sendete es Herrn N. zu.

Für die Zeit nach meinem Urlaub nahm ich mir fest vor, keinerlei Unmutsäußerungen im Beisein irgendeiner weiteren Person von mir zu geben. Das Arbeitsaufkommen stieg, Gründe jedoch für solche Äußerungen gab es immer seltener, so dass es mir nicht schwer fiel, meinem Vorsatz treu zu bleiben. Die Spannungen zwischen mir und Herrn N. schienen nach und nach zu verschwinden oder zumindest geringer zu werden.
In einem Moment scheinbar freundlicher Begegnung in den ersten Dezembertagen im TKD fragte ich eher beiläufig, wie notwendig es für mich wäre, bereits an Bewerbungen zu denken, oder ob es genüge, dass ich mich, den Vorgaben des SGB entsprechend, lediglich rechtzeitig arbeitssuchend melde. Den genauen Wortlaut und den exakten Zeitpunkt dieses Dialogs kann ich leider nicht mehr bestimmen; mir ist nur noch bewusst, dass ich auch in diesem Moment darauf geachtet hatte, dass keine weiteren Ohren anwesend waren, da ich nie genau wusste, in welcher Grundstimmung sich mein Dienstherr befindet und der Verlauf eines solchen Gespräches erfahrungsgemäß nie vorhersehbar war. Sicher ist nur, dass es Anfang Dezember gewesen sein musste, weil wir zum Zeitpunkt eben dieses Gespräches noch 2 Mitarbeiter im TKD waren. Das allerdings sollte sich in den Folgetagen ändern.
Am 10.12.2014, das Datum kann ich anhand des von mir geführten Dienstplans ersehen, erhielten wir eine weitere Mitarbeiterin im TKD. Dieser Zuwachs war keineswegs geplant oder gewünscht; er ergab sich aus widrigen Umständen und einem Zerwürfnis zwischen dieser Mitarbeiterin und dem Filialleiter der mittlerweile in Elmshorn eröffneten Filiale auf der einen, und einem in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten sehr erfahrenen und gar nicht konfliktscheuen Vaters der Mitarbeiterin auf der anderen Seite. Dem besseren Verständnis der später folgenden Zusammenhänge wegen sei hier nur erwähnt, dass es sich bei dieser Mitarbeiterin um eine 21-jährige junge Frau handelte, deren Mutter bereits in unserer Filiale in der Verwaltung arbeitete und die noch in der elterlichen Wohnung lebte und ein wesentlich geringeres Gehalt beanspruchte. Diese Mitarbeiterin wurde mir, ebenso wie im September die erste neue Kollegin, als technisch absolut unbedarft vorgestellt und beide bestätigten mir mit eigenen Worten dieses Desinteresse und Unvermögen in Bezug auf technisches Hantieren. Das sei nun der Part, den ich zu erfüllen hätte – so die Worte meines Filialleiters, und für den "Bürokram" hätte ich ja nun kompetente Helfer. Nichtahnend, dass diesem Filialleiter der Absturz seines "Technischen Kundendienstes" in ein faktisches "Inkompetenz-Center" egal war, war ich über diesen Zuwachs hoch erfreut. Endlich schien eine Zeit zu kommen, in der alle Arbeiten sorgfältig und gewissenhaft und vor allem ohne Alltagsstress bewältigt werden konnte. Ich erstellte den Dienstplan für uns drei, half natürlich weiterhin bei der direkten Kundenbetreuung und konnte aber darüber hinaus auch noch kleinere Reparaturen an Elektrogeräten aller Art, größere und arbeitsintensivere Reparaturen an Kunden-Computern vornehmen.
Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass diese neue Mitarbeiterin meinen Platz einnehmen sollte, dass man fortan auf mein technisches Knowhow verzichten wollte, dass man das angeschaffte Werkzeug und Instrumentarium brach legen würde, dass zufriedene Kunden und ein ausgeglichenes Ranking keine Rolle spielten, dass das meines Erachtens sehr gute Verhältnis zu den Kollegen im Verkauf keine Beachtung finden, dass man mein bisheriges und zur Zufriedenheit aller Beteiligten, mit Ausnahme des Filialleiters, beitragende Engagement in solchem Ausmaß missachten würde.

Am 17.03.2014, am ersten Tag nach meinem Urlaub, bestellte mich Herr N. zu sich, um mir mitzuteilen, dass er meinen Vertrag nicht verlängern könnte. Er redete von 40 Minusstunden, die er aber in Plusstunden verwandeln würde (- wie auch immer?) und dass ich eigentlich gleich gehen könnte. Zur Unterstreichung der Ernsthaftigkeit und Unwiderruflichkeit dieser Aussage bat er mich, gleich meine Schlüssel abzugeben.

Sei zu guter Letzt noch erwähnt, dass ich, im Besitz einer Rechtsschutzversicherung, versuchte,gegen diese Nichtverlängerung gerichtlich vorzugehen. Allerdings waren die Aussichten auf Erfolg von Anfang an eher bescheiden. Mein Filialleiter hätte zumindest einräumen müssen, dass er mich in Sachen Befristeter Arbeitsvertrag zweimal belogen hatte - und Aufrichtigkeit ist nun mal seine Stärke nicht.
Eher das Gegenteil ist der Fall: wenn er beispielsweise einer attraktiven Kundin imponieren konnte, war er sich auch nicht zu schade, seinen Mitarbeitern eiskalt in den Rücken zu fallen. Mit der Kenntnis dieser Wesensart hätte ich mir die Prozessiererei sparen können.
So bleibt mir zum Abschluss wenigstens ein Trost: "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!"